Presse Kölnische Rundschau

Ressort: STADT

"Bitte Platz zu nehmen!"

Ausstellung über Therapiezimmer 100 Jahre nach Freud

von LYDIA KECK, 26.04.2007

SÜLZ. Fotografien mit Couchen und Sesseln sind derzeit an den Wänden der Galerie "Kunstkontor" an der Blankenheimer Straße zu sehen. Kühl und distanziert wirken teilweise die glatten Ledercouchen in kühl gehaltenen Farben, hinter denen Stahlrohrsessel platziert sind. Auf anderen Fotografien strahlen hingegen die stoffüberzogene Liegen mit gemütlichen bunten Kissen und gemusterte Teppiche Gemütlichkeit, Geborgenheit und Wärme aus. Hier steht Wohnzimmeratmosphäre vor dem nüchternen Therapiezimmer psychotherapeutischer Praxen.

Was ist aus dem berühmten Couch-Setting 100 Jahre nach Sigmund Freud geworden? Diese Frage stellte sich Claudia Guderian. Die Autorin und Fotografin Claudia Guderian stellt derzeit eine Auswahl ihrer etwa 100 Aufnahmen von Couch-Settings in Praxen, die sie in unterschiedlichen Ländern aufsuchte, in der Galerie "Kunstkontor" aus. In ihrer Doktorarbeit setzte sich die Psychologin mit der Wirkung des Raumes auf den psychoanalytischen Prozess auseinander.

Wenn die Couch reden könnte!

Wenn die Couch reden könnte! Sie wüsste ergreifende menschliche Geschichten zu erzählen. Verzagte und Verzweifelte haben da Trost und Hilfe gesucht. Aufgewühlte und Schwermütige ihr Innerstes nach außen gekehrt. Keine Seelennot ist dem stummen Möbel fremd. Räume werden in verschiedenen Weisen erlebt, weiß Claudia Guderian. Nach der 50. Praxis, die sie in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Großbritannien, Schweden, Griechenland, Neuseeland, aufsuchte, fragte sie sich, was der Raum mit den Menschen mache:

"Jeder Raum sieht anders aus. Und die Couch sieht eben nicht so aus wie ein Zahnarztstuhl, der in den Behandlungszimmern überall gleich aussieht. Auch der Stuhl nimmt in Therapiezimmern immer eine andere Position ein. In so mancher Anordnung kann der Psychoanalytiker seinen Patienten sogar noch sehen. Das ist ein ungleiches Verhältnis. Sigmund Freud hingegen konnte keinen seiner Patienten sehen. Ebenso haben Couch und Sessel einen unterschiedlichen Abstand. Und manchmal steht auch ein kleines Tischchen zwischen Therapeut und Patienten", erläutert Claudia Guderian, die in Hamburg lebt und arbeitet.

Neben Familienaufstellung und Gesprächstherapie ist die Methode der Analyse nach Freud nach der Sicht von Guderian immer noch die Erfolg versprechende: "Während der Mensch aufgerichtet eher rationale Gedanken hat, treten liegend ganz andere Dinge in den Vordergrund", erklärt sie. Die Fotoausstellung "Magie der Couch" ist jeweils dienstags zwischen 17 und 19 Uhr, sonntags zwischen 15 und 17 Uhr und nach Vereinbarung zu sehen.

www.kunstkontor.net

Keine Seelennot ist dem Möbel fremd. Guderian zeigt Couch-Settings im "Kunstkontor". (Repro: Keck)

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